RICKMER RICKMERS, der 1896 gebaute Großsegler, liegt seit 1983 als schwimmendes Wahrzeichen Hamburgs in der Hansestadt und ist der Stolz der Stiftung RICKMER RICKMERS, die das Museumsschiff ohne öffentliche Zuschüsse betreibt und unterhält.
Die RICKMER RICKMERS wurde im Jahre 1896 als Vollschiff aus Stahl auf Querspanten auf der firmeneigenen Werft in Bremerhaven gebaut und nach dem Enkel des Firmengründers benannt. Der Rumpf ist 97 m lang, 12,20 m breit, der Tiefgang betrug 6 m. Das Schiff war zu der Zeit mit 1.980 BRT und 3.067 TDW vermessen, die mittlere Raumtiefe betrug 7,70 m. Als Vollschiff hatte der Segler eine Segelfläche von 2.600 m2. Die Indienststellung erfolgte im August 1896. Unter dem Kommando von Kapitän Hermann-Hinrich Ahlers verließ der Segler mit einer Besatzung, die aus dem Kapitän, zwei Steuerleuten, je einem Koch, Zimmermann, Segelmacher und Donkeyman, elf Voll- und drei Leichtmatrosen sowie vier Schiffsjungen bestand, Bremerhaven und versegelte nach Hongkong. Von dort kehrte die RICKMER RICKMERS beladen mit Reis und Bambus zurück an die Weser.
Der Segler hat viele glückliche Reisen für die Reederei gemacht, aber es waren auch einige sehr unglücklich verlaufende Reisen darunter. So die Reise, die im August 1903 begann und mit dem Abreiten eines Taifuns 1904 und dem Anlaufen von Kapstadt in Südafrika als Nothafen endete. Dort wurde der havarierte dritte Mast ersetzt und das Vollschiff zur Bark umgetakelt. Als solche kehrte sie im Dezember 1904 – zwei Monate zu spät – nach Bremerhaven zurück.
Die Reisen verliefen wechselvoll; schnellen folgten langwierige Reisen und so wurde 1912 das im Hafen von Delfzyl liegende Schiff von der Reederei sang- und klanglos an die Hamburger Reederei Carl Christian Krabbenhöft verkauft und versegelte unter dem neuen Namen MAX nach Chile in die Salpeterfahrt. Im Jahre 1916 auf der Heimreise wurden die Azoren angelaufen. Im neutralen Portugal wurde das Schiff widerrechtlich beschlagnahmt, den Engländern zur Verfügung gestellt und transportierte von nun an als FLORES Kriegsmaterial. Nach Beendigung des Krieges wurde der Segler von den Engländern an die Portugiesen übergeben und damit war das Leben als Fracht-Großsegler zu Ende. Die portugiesische Marine begann mit dem Umbau und setzte das Schiff als Schulschiff für den Nachwuchs der Marine wieder in Fahrt. Wo früher wertvolles Frachtgut gestaut war, wohnten jetzt Kadetten, die mit der See vertraut gemacht werden sollten.
Um 1930 herum wurden zwei 350 PS KRUPP Diesel-Motoren als Hilfsantrieb mit den dazugehörenden Hilfsmaschinen eingebaut. Damit stieg der Komfort des Schulschiffes gewaltig.
Der letzte große Auftritt des Schiffes, das unter den Portugiesen den Namen SAGRES erhalten hatte, war 1958, als es die Regatta der Segelschulschiffe vor der norwegischen CHRISTIAN RADICH gewann. Da die Portugiesen 1962 die ehemalige ALBERT SCHLAGETER als SAGRES II in Besitz nahmen, wurde die SAGRES ausgemustert, abgetakelt und unter dem Namen SANTO ANDRE als Hulk an die Marinewerft gelegt. Dort gammelte das Schiff bis 1983 still als Depotschiff vor sich hin. Der Verein ,,Windjammer für Hamburg“ e. V. wurde 1974 von Wilhelm ,,Fiete“ Schmidt und einigen Hamburger Bürgern gegründet mit dem Ziel, einen Tiefwasser-Segler als Seefahrts–Denkmal und Museum nach Hamburg zu holen. Dank einiger großzügiger Spender konnte der Segler von der Firma Bugsier nach Hamburg geschleppt und am 7. Mai 1983 anläßlich des Hafengeburtstages dem Verein übergeben werden. Der 7. Mai 1983 war der Tag, an dem die wenig schön aussehende Hulk SANTO ANDRE als RICKMER RICKMERS den Gästen des Hafengeburtstages vorgestellt wurde. Einige Tage konnte die Bevölkerung das Schiff an den Landungsbrücken besichtigen. Danach wurde das Schiff an den Europakai HDW verholt und die eigentliche Arbeit begann. Von der Werft und einigen Hafen-Dienstleistungsfirmen wurde mit dem Abräumen der großen Teile vom Oberdeck begonnen, um den Technikern die Möglichkeit zur Feststellung von eventuellen Schäden und Erstellung von Plänen zu geben. Nach vielen Diskussionen wurde dann zur freiwilligen Hilfe aufgerufen – und sie kam. Ein Stamm von ca. 50 Helfern hat an den Wochenenden, Sommer wie Winter, in einem Jahr das Schiff entsorgt, so daß eine Übersicht über den Gesamtzustand möglich war. Anfang 1984 wurden dem Verein ABM-Mittel zur Verfügung gestellt. So konnten u. a. arbeitslose Schiffbauer und Schweißer eingestellt werden. Von dem Zeitpunkt an gingen die Reparaturen zügig voran.
Das Schiff wurde gedockt, Ultraschall-Messungen wurden vorgenommen, die Stahlplatten gesandstrahlt und gestrichen und der Innenausbau vorangetrieben. Das Deck wurde mit Holz belegt, die Takelage vervollständigt, der Maschinenraum hergerichtet und Ballast an Bord genommen. Im Maschinenraum ist eine Dampfmaschine sowie einer der Krupp-Dieselmotoren zu sehen. Zusammen werden so die drei Antriebsarten der letzten 100 Jahre – Wind, Dampf, Diesel – dem Besucher veranschaulicht. Seit September 1987 liegt die RICKMER RICKMERS nun am Fiete-Schmidt-Anleger und ist täglich zur Besichtigung freigegeben. Im Herbst 1987 wurde das Schiff in eine neu gegründete Stiftung eingebracht. Die Stiftung finanziert sich sebst und durch Spenden, erhält also keine Zuschüsse von dem Stiftungsgeber (Verein Windjammer für Hamburg), von städtischer oder staatlicher Seite.
Hier finden Sie einen Filmbericht vom NDR „Hamburg damals: 40 Jahre Einschleppen der RICKMER RICKMERS“
Abkürzungen im Text
B: Brassen | S: Schoten | W: Wanten | P: Pardunen
Segelriß der RICKMER RICKMERS, ab 1904 als Bark getakelt
B1 Besan
B2 Besantoppsegel
G7 Grossroyalstengestagsegel
G8 Grossbramstengestagsegel
G9 Grossstengestagsegel
B3 Besanbramstengestagsegel
B4 Besanstengestagsegel
B5 Besanstagsegel
G1 Grosssegel
G2 Grossuntermarssegel
G3 Grossobermarssegel
G4 Grossunterbramsegel
G5 Grossoberbramsegel
G6 Grossroyalsegel
F1 Fock
F2 Voruntermarssegel
F3 Vorobermarssegel
F4 Vorunterbramsegel
F5 Voroberbramsegel
F6 Vorroyalsegel
K1 Jager
K2 Aussenkluever
K3 Innenkluever
K4 Vorstengestagsegel
* verstorben